Mit dem Fahrrad auf der Herrensitz-Route
362 Kilometer in Deutschland und den Niederlanden
Eine Fahrrad-Reise vom 19. bis zum 23. Mai 2010

Herrensitz-Route? Was ist das eigentlich? Eine Veranstaltung nur für Herren? Wo man abends derbe Witze erzählend und Schenkel klopfend in der Kneipe sitzt und am laufenden Band Herrengedecke zu sich nimmt? Das mit der Kneipe war - in unserem Falle! - zwar schon nah dran ... aber mehr und vor allem Zutreffenderes über die Herrensitz-Route kann man hier erfahren: www.herrensitzroute.nl

Tag 1 (85,50 Kilometer): Von Lützenkirchen (teils im Zug) nach Winnekendonk
Tag 2 (64,01 Kilometer): Rundfahrt nach Xanten
Tag 3 (78,59 Kilometer): Von Winnekendonk durch den Nationalpark „De Maasduinen“ nach Oeffelt
Tag 4 (100,18 Kilometer): Rundfahrt auf der niederländischen Seite
Tag 5 (34,36 Kilometer): Von Oeffelt nach Goch - und mit dem Zug nach Hause

Tag 1, Mittwoch, 19. Mai 2010. Morgens um 8.13 Uhr geht es los – das erste Mal richtig in die Pedale getreten. Der erste Weg von Leverkusen-Lützenkirchen zum S-Bahnhof nach Langenfeld stellt keine großen Anforderungen an uns, es geht fast nur bergab. Wir haben uns allerdings vorgenommen, die Bahn um 9.06 Uhr zu nehmen. Das scheint erst gar nicht knapp. Aber die Bedienung des Ticketautomaten lässt die Zeit knapp werden. Das Ticket für das Fahrrad lässt sich in der Eile nicht schnell genug finden. Es ist unfassbar: Ich bin nicht gerade doof und im Umgang mit Technik geübt, aber die Fahrkartenautomaten der Bahn lassen mich verzweifeln! Wie geht es da erst älteren Menschen, Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationshintergrund? Für uns ist es nicht schlimm, die Verzögerung macht letztendlich nichts, wir werden auch nicht kontrolliert. Die Zugfahrt selbst verläuft problemlos. Wir finden genug Platz für die Räder und uns. Reisegefühl stellt sich ein.

Vom Bahnhof in Kevelaer aus finden wir ganz entspannt den Weg zum Campingplatz „Anna Fleuth“. Den hatten wir vorher bereits im Internet gefunden und gebucht. Die Internetseite und das dort dargestellte Angebot hatten uns sehr angesprochen. Als wir auf dem Campingplatz ankommen wird dieser Eindruck noch getoppt. Ein herzlicher Empfang, ein wunderschönes Grundstück, niegelnagelneue und mit viel Liebe - auch zum Detail - und Fachwissen selbst gebaute Anlagen. Und – das ist für uns ein besonderes Glück – die ganze Anlage für uns allein. Der Andrang soll erst kommen wenn wir schon auf dem Weg nach Westen sind. Man ist sich sympathisch und sofort per Du und fortan haben wir es mit Daniel und Maria zu tun. „Persönliche Atmosphäre“, wie auf der Website angekündigt, wird hier gelebt.

Wir kommen in aller Ruhe an und gönnen uns erst mal einen Happen. Dann wird das Zelt aufgebaut, nur ein paar Meter von der Issumer Fleuth entfernt, die direkt am Zeltplatz vorbeifließt. Wie ihr unten erkennen könnt, musste Knienix das Zelt gänzlich allein aufbauen, da ich meiner Chronistenpflicht nachkommen musste. Ich hätte ihm so gerne geholfen, aber Pflicht ist Pflicht. Ich kann euch aber versichern, dass ich ihn aufgemuntert und angefeuert habe ...

Und dann geht es auch schon aufs Rad, eine erste kleine Tour auf der Herrensitzroute steht an. Wir fahren zum Knotenpunkt 9 nach Alt-Wetten. (Eine kurze Bermerkung zu den "Knotenpunkten": Das Radwegenetz hat an den Schnittstellen so genannte Knotenpunkte. An jedem Knotenpunkt kann man entscheiden, in welche Richtung man weiterfahren möchte und kann so die jeweilige Tour flexibel gestalten). Vom Knotenpunkt 9 aus geht es am sehenswerten Schloss Haag vorbei. Eine schöne Anlage samt Golfplatz. Es wirkt etwas versnobt („Bitte keine Fahrräder im Hof abstellen!“). Stört uns aber nicht weiter. In Geldern kaufen wir dann ein bisschen ein – hauptsächlich Bananen und Süßes, um den Kalorienbedarf zu decken. Geldern ist nicht mein Favorit unter den Städten auf dieser Tour. In Walbeck fällt uns die schöne Windmühle auf, deren Flügel im Wind rotieren und dabei ein imposantes Geräusch erzeugen. Hinter Walbeck überqueren wir – ohne es zu merken – die Grenze. In den Niederlanden kommen wir nach Arcen (sprich: Arßen) mit dem schönen Kasteel. Im Innenhof machen wir im Schatten von zwei Mammutbäumen eine kleine Pause. Nördlich von Arcen überqueren wir mit einer kleinen Fähre bei Broekhuizen die Maas.

In Broekhuizen gelingt es mir, meinen Wortschatz des Niederländischen zu bereichern – einem Schild kann ich entnehmen, dass „Hundescheiße“ auf niederländisch offensichtlich „Hondenpoep“ heißt. Das finde ich großartig. Das sind Vokabeln, die man braucht.

In Broekhuizen begegnet uns auch ein merkwürdiges Wesen aus einer anderen Welt. Ein langhaariger Mann mittleren Alters auf klapprigem Rad hält uns mit lässiger Geste an und fragt uns (sofort auf deutsch) ob wir 60 Cent für die Fähre für ihn hätten. In dem Körbchen an seinem Fahrrad liegt ein längliches Ding aus dem permanent Rauch aufsteigt. „Aha!“ geht es mir durch den Kopf. Die Zähne des Mannes hatten auch schon bessere Zeiten gesehen. Trotz allem hat dieser Mann offenkundig gute Laune und von daher wohl eine positive Ausstrahlung. Er bekommt seine 60 Cent. Ich hoffe und gehe davon aus, dass er weiterhin einen guten Flug hatte.

Bei Wellerlooi überqueren wir die Maas erneut, diesmal auf einer Brücke, und fahren wieder Richtung Deutschland. Wieder überqueren wir die Grenze, ohne es zu merken. Über Twisteden geht es weiter nach Kevelaer, wo eine durch unbändigen Durst angestachelte Suche nach einem Biergarten beginnt. Vor lauter Nonnen, Geistlichen, Kirchen, Kapellen und Devotionalienläden scheint diese Stadt keinen Platz für Biergärten zu haben. Die Kirche ist für Knienix sogar Furcht einflößend. Also fahren wir nach Winnekendonk. Dort kehren wir in der Dorfschänke Kanders ein. Und kriegen das was wir uns am meisten wünschen: Ein Pils in einem großen Weizenglas. Hervorragend! Anschließend wird noch im „Fleischergrill“ Pommes Spezial plus Frikadelle verzehrt und dann noch bei Edeka Gerstenkaltschale in Dosen geholt. Zurück am Campingplatz stellen wir sodann dreierlei fest:

- Das Land ist groß genug für uns Zwei.

- Deutschland ist bunter als die Niederlande.

- Die Ausschilderung in Deutschland ist besser (dafür sind in den Niederlanden die Radwege besser)

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Tag 2, Donnerstag, 20. Mai 2010. Die erste Nacht im Zelt ist wohl immer etwas schwierig. Und auf dem Campingplatz „Anna Fleuth“ ist richtig Natur angesagt: Ein schöner alter Baumbestand, ein Flüsschen, Wiesen, Wald. Abends huschen Fledermäuse um die Bäume, Rehe wagen sich aus dem Wald auf die große Wiese gegenüber. Kuckuck, Fasane und anderes Getier machen bei den ersten Sonnenstrahlen eifrig Lärm. Vor allem ein Kuckuck tut sich hervor. Der Fasan von gegenüber hat seinen Namen schon von Familie Wouters bekommen. Der Kuckuck noch nicht. Wir nennen ihn Klaus.

Es ist noch ganz schön schattig als wir aufstehen und ein bisschen müde sind wir auch noch. Daniel macht das Frühstück. Ein Kaffee, ein ausgiebiges Frühstück, was will man mehr.

Als wir die Räder fertig machen wollen, stellt Knienix fest, dass ein Teil des Schlüssels in dem Supersicherheitsbügelschloss abgebrochen ist. Na super! Doch das Problem erweist sich als kleiner als zunächst gedacht: Daniel wechselt mal eben die Berufsbekleidung, tauscht die kleine Küchenschürze gegen den Arbeitsanzug und kommt mit Gerätschaft und Trennscheibe zurück. Ganz professionell macht er sich an die Arbeit - als hätte er nie etwas anderes gemacht und in wenigen Minuten hat er uns das Schloss in Einzelteile zerlegt. Zwei saubere Schnitte und das Schloss ist Geschichte.

Von diesem Moment an hält uns nichts mehr auf: An diesem Tag fahren wir auf der 2-Länder-Route nach Xanten. Da wird es sogar ansatzweise bergig – zum ersten und letzten Mal auf unseren Touren am Niederrhein.

In Xanten schauen wir uns die Stadt an und fahren kurz - an der obligatorischen Windmühle vorbei - zum Archäologischen Park. Die Besichtigung schenken wir uns. Anschließend suchen wir vergeblich den Fernradweg 8, finden ihn aber nicht. Also suchen wir unseren Weg selbst mit der Karte – was uns ohne Schwierigkeiten gelingt.

Zwischenzeitlich ist auch Fritz Sdunek unser Begleiter … „Häh?“ wird der geneigte Leser fragen. Ja, Fritz Sdunek, der bekannte Box-Trainer mit der krächzenden Stimme ist unser virtueller Begleiter. Es fängt an mit einer „Links-Rechts-Kombination“ auf der Tourenkarte. Schnell kommen immer weitere Sprüche „Nimm den Kopf hoch, Junge! Du schaffst das!“ oder „Lass Dich nicht so hängen. Du packst das!“ und so weiter. Wer weiß, ob wir das alles ohne den Fritz geschafft hätten …

Auf dem Weg nach Sonsbeck gibt es noch mal einen Anstieg, der mir schon ein bisschen auf die Nerven geht, weil ich schon müde Beine habe. „Sonsbecker Schweiz“ steht da auf einem Schild. Na ja, so schlimm ist es dann doch nicht.

Mit viel Durst im Gepäck geht es wieder nach Winnekendonk, Ziel: Der Biergarten „Zur Brücke“. Man teilt uns freundlicherweise mit, dass die Gaststätte „Zur Brücke“ erst um 18.00 Uhr öffnet. Also pausieren und schmausen wir noch etwas auf dem Marktplatz. Danach Biergarten. Dort schau ich ganz tief ins Glas ... und sehe lauter schöne Dinge. Anschließend … richtig:  Pommes Spezial plus Frikadelle im „Fleischergrill“.

Dann geht es ab zum Campingplatz.

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Tag 3, Freitag, 21. Mai 2010. Die zweite Nacht im Zelt ist viel besser als die erste. Noch mal gut frühstücken und dann leider schon Abschied von diesem schönen Campingplatz nehmen. Aber wir haben uns am Vortag entschieden, unser „Hauptquartier“ in die Niederlande zu verlegen, damit wir die westlichen Teile der Herrensitzroute besser erreichen können. Nach kurzem und freundlichem Abschied geht es noch kurz zur Blechdosenentsorgung zu Edeka in Winnekendonk.

Danach führt uns der Weg über Kevelaer nach Weeze. Kannte ich bisher nur als Flughafen. Ist aber ein wirklich sehr hübscher, kleiner Ort. Vor Weeze kommen wir noch an dem Wasserschloss Wissen vorbei. Sehr, sehr schön.

Nächste Station ist Goch. Hier begegnen Knienix und ich erneut einem Phänomen, das wir bereits auf früheren gemeinsamen Reisen erlebt haben. Wir können nämlich Dinge herbeireden! Virtueller Fritz Sdunek? Dinge herbeireden? Jetzt wird es langsam gefährlich und ich nähere mich dem Punkt, an dem aus dem geneigten vielleicht ein ungeneigter Leser wird. Also kommt hier die Erklärung: In Goch zeichnet sich bereits ab, dass am Ende des Geldes noch ein beträchtliches Stück Weg vor uns liegen wird. Also äußerte ich den Wunsch: „Wenn wir gleich eine Sparkasse sehen, dann können wir da Geld holen“. Gesagt, einmal um die Achse gedreht – und da steht sie, die Sparkasse. „Pöh!“ wird der Leser nun sagen, „Nix Besonderes“. Nachdem wir nun aber Geld geholt haben, wollen wir es auch ausgeben. Brötchen? Kuchen? Mit Kaffee? „Vielleicht kommt ja gleich noch ein Eiscafé“ sagt Knienix. Nach 30 Metern prangt über den einladenden Stühlen auf der rechten Seite der Schriftzug „Eiscafé Italia“. Möge der Leser uns für verrückt halten, möge er über uns lachen. Wir haben aber in der Tat schon viel unwahrscheinlichere Dinge herbeigeredet, nicht wahr, Knienix?

Von Goch aus wählen wir nun eine südliche Route, überqueren wieder mal eine fast unsichtbare Grenze und fahren durch den Nationalpark Maasduinen bis nach Gennep. Dann fahren wir auf die andere Seite der Maas und entscheiden uns für den Campingplatz „De Maasvallei“. Zu unserer Überraschung ist auch hier nicht viel los. Wir hatten zu Beginn des Pfingstwochenendes mit viel mehr Betrieb gerechnet. Dann das Übliche: Zelt aufbauen und sanitäre Anlagen besichtigen, einchecken.

Und ab aufs Rad. Es gab nämlich noch einiges zu tun. Einkaufen. Hunger stillen. Kneipe finden, in der wir das Champion-Leageue-Finale schauen können. Der nächste Ort Oeffelt scheint hier zunächst nicht sehr ergiebig. Im überschaubaren Zentrum des Ortes gibt es nichts was uns weiterhilft.

Also fahren wir nach Cuijk. Dort kaufen wir zunächst flüssige und feste Nahrung ein. Dann suchen wir in Cuijk etwas halbherzig nach einer TV-Kneipe. Halbherzig, weil wir eigentlich keine Lust haben, nach dem Finale noch 7 Kilometer von Cuijk zurück zum Zeltplatz zu radeln. Wir finden auch nix. Dafür essen wir aber noch einen lecker Döner. Schräg gegenüber vom „Eetcafé De Toerist“. Reichlich und lecker. Obwohl das Brot erst klein aussah, war Knienix danach fast überfressen. Was man in so ein Brot alles reinstopfen kann! Ich war übrigens nicht überfressen ... was zu erwarten war: In mich passt schließlich viel mehr rein!

Dann radeln wir nach Oeffelt zurück und entscheiden uns, nicht wieder durch den Ort zu fahren, sondern an der Hauptstraße entlang. Und da werden wir fündig: Eine TV-Kneipe mit Biergarten - quasi vor der Haustür. Schnell noch geklärt, ob das Finale am morgigen Tag läuft, zwei Bierchen geschlürft und ab nach Hause. Perfekt!

Die Mücken sind ein bisschen lästig. Die Dusche ist halbwegs ok. Aber die Toiletten stellen uns vor ein Problem. Es gibt nur Kabinen. Darin ist die Keramik, ein Rohr, das hinaufläuft zum Spülkasten. Und kein Griff, keine Kette, kein Hebel, kein Fußschalter, kein Knopf - NIX!. Die Frage, die sich aufdrängt: Wie bringt man das Wasser zum Laufen? Jeder darf nun mal kurz innehalten bevor er weiterliest und überlegen oder raten wie es geht. Ich fühle mich angesichts der erstaunlichen Installation jedenfalls wie bei "Versteckte Kamera" und stehe ratlos davor, bin schon fast geneigt, die Fliesen abzutasten.

Später am Abend erklärt mir ein freundlicher Herr aus Duisburg, dass man an dem Rohr selbst ziehen muss, das Spülkasten und Keramik verbindet. Da soll mal einer drauf kommen!

Danach können wir beruhigt schlafen.

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Tag 4, Samstag, 22. Mai 2010. An diesem Morgen fahren wir früh los und ahnen noch nicht, dass wir unsere längste Tagesstrecke fahren werden. Dabei sind meine Beine schwer wie Blei. Ich bin müde und habe Halsschmerzen.

Ein erster Stopp in Cuijk mit einem kleinen Frühstück (Wafel met Koffie) lässt die Welt schon wieder ein bisschen freundlicher aussehen. Danach beginnt ein sehr schöner Streckenabschnitt mit sehr viel Natur und Seen rund um Cuijk. Wir fahren Richtung Süden an Beers vorbei. Kurz vor Mill halten wir noch Zwiesprache mit ein paar knuffigen Rindviechern. In Mill machen wir dann Pause und essen unser holländisches Wabbelbrot mit diversen Auflagen. Weiter in Richtung Süden, über Sint Hubert und Wilbertoord, fahren wir nach Wanroij. Bereits in Mill teilte mir Knienix mit, dass der Holländer an sich gerne überdimensionierte Motorräder fährt. Vor allem Honda Gold Wings oder Harleys. Und dass er obendrein diese Art von Motorrädern nicht leiden kann. Um und in Wanroij begegnen wir Dutzenden Gold Wings. Knienix’ Begeisterung hält sich in Grenzen.

In Wanroij machen wir auf dem Kirchplatz noch ein kleines Schläfchen im Schatten auf der Wiese. Sehr angenehm.

In Rijkevoort biegen wir dann wieder in Richtung Süden ab. Über Ledeacker fahren wir nach Sint Anthonis. Von da geht es in Richtung Süden weiter, zunächst nach Oploo, wo wir eine schöne Windmühle und eine Wassermühle sehen, später nach Westerbeek, wo wir einen schönen Biergarten sehen. Deshalb müssen wir hier auch anhalten. Geschätzte 17 Kilometer warten noch auf uns … bis zu dem Zeitpunkt als ich auf die Karte schaue und bemerke, dass Oploo und Westerbeek gar nicht auf unserer Route liegen. In Sint Anthonis sind wir leider falsch abgebogen. "Ihre Route wird neu berechnet" dröhnt es in meinem Kopf. Wir entscheiden uns dafür, wieder zurück nach Sint Anthonis zu fahren. Die Strecke wird jetzt natürlich etwas länger, die Beine etwas müder, der Durst und auch der Hunger etwas größer – und die Zeit wegen des Champions-League-Finals etwas knapper.

Also wird etwas weniger Pause gemacht und etwas zügiger gefahren. Mit etwas müderen Beinen. Der Weg führt uns an die Maas zurück, an Boxmeer vorbei und wieder zurück nach Oeffelt. Unterwegs genehmigen wir uns in Beugen noch … na was? … Frietes Spezial plus Frikandel im „De Aanloop“. Zack, da ist das Essen auch erledigt. In Oeffelt schnell duschen, anziehen, stadtfein machen. Dann wieder aufs Rad und zum „D’n Buurmann“ – Bayern gegen Inter schauen. Der Besuch im Lokal ist eher spärlich, die Niederländer sind überwiegend auf der Seite der Bayern, vermutlich wegen der Niederländer im Team. Das Ergebnis ist bekannt. Unsere einzige Fahrt mit Beleuchtung am Rad führt uns zurück zum Campingplatz, kleine Pinkelpause inklusive. Mein Tacho zeigt 100,18 Kilometer – mit Abstand die längste Etappe. Und fast 30 Kilometer mehr als geplant. Mit müden Beinen geht es in die letzte Nacht.

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Tag 5, Sonntag, 23. Mai 2010. Am Morgen stehen wir auf. Mir ist nicht nach Radfahren zumute. Wir bauen das Zelt ab, verstauen alles als hätten wir in den letzten Jahren nix anderes gemacht. Kurze Verabschiedung von den Campingplatzbetreibern, dann fahren wir los, über die Maasbrücke nach Gennep. Heute fahren wir eine nördliche Route in Richtung Goch. Aber vorher kehren wir zu einem Frühstück in Gennep in „De Stadsherberg“ ein. Apfelkuchen mit Kaffee. Lecker! Als wir gehen fällt noch eine niederländische Radfahrertruppe in das Lokal ein, alle im Trikot, ein richtiges Team.

Auch der Rest der Fahrt führt uns über herrliche Wege und bis nach Goch zum Bahnhof. Dort lagert noch ein Trupp angetrunkener, junger Männer, die mit einem Riesen-Ghettoblaster halb Goch beschallen. Wir besteigen mal ganz schnell einen anderen Waggon, damit wir nicht mit einem Gehörschaden in Düsseldorf ankommen. Der Umstieg klappt ebenfalls gut, das letzte Stück bis Leverkusen müssen wir mit den Rädern stehen, aber das dauert nicht lange. Von Leverkusen Mitte bis Lützenkirchen wird es noch mal hart. Jeder Höhenmeter ist Gift für die müden Beine. Bis auf die letzten 50 Meter schone ich mich aber nicht und bleibe immer brav auf dem Sattel.

Fazit: Die Herrensitz-Route ist wirklich eine Radreise wert. Meist hervorragende Radwege (in den Niederlanden etwas besser als in Deutschland) mit einer tollen Ausschilderung (in Deutschland etwas besser als in den Niederlanden) – wenn diese nicht von einigen Blödmännern manipuliert wird.

Keine Ballungsräume, kleine Städtchen und Orte, wenig Verkehr, viel Natur.

Ein echter Tipp ist der Campingplatz "Anna Fleuth"! Ein Campingplatz zum Wohlfühlen. Eine wunderschöne Anlage, alles ganz neu, mit viel Liebe und Herzblut gebaut und betrieben. Wir wären auch gerne länger dort geblieben. Aber ohne die Verlegung unseres „Hauptquartiers“ hätten wir den westlichen Teil der Herrensitz-Route nicht bereisen können.

Der Campingplatz in Oeffelt war bestimmt nicht schlecht, verblasst aber etwas vor dem Hintergrund der ersten zwei Nächte.

Die Menschen am Niederrhein waren ausnahmslos freundlich und hilfsbereit – in Deutschland genau so wie in den Niederlanden.

Unbedingt ausprobieren!

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